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Caravaggio: Der Mann, der Kunst in einem anderen Licht betrachtete

jaylward
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Caravaggio: Der Mann, der Kunst in einem anderen Licht betrachtete

Autor: Sony Europe

caravaggio boy fruit.jpg

 

Etwa 1593 schuf Caravaggio sein erstes, uns bekanntes Werk, Fruchtschälender Knabe. Das Gemälde zeigt nicht viel mehr, als der Name verspricht, doch Caravaggios Spiel mit Licht und Schatten zieht einen unmittelbar in seinen Bann. Für Kunstwerke des Barock ist es sehr ungewöhnlich, dass kein Hintergrund zu erkennen ist, und ungefähr die Hälfte des Gemäldes ist in Dunkelheit gehüllt. Keiner seiner Zeitgenossen wagte, was Caravaggio tat, und so versetzten seine Werke den Betrachter geradezu in Ehrfurcht. Sie waren bahnbrechend.

 

Der Fachbegriff für solch dramatische Farbkontraste ist „Chiaroscuro“. Aus dem Italienischen übersetzt bedeutet dies schlicht „hell-dunkel“. Die Hell-Dunkel-Malerei entwickelte sich zu einem Markenzeichen Caravaggios und findet sich in seinem Meisterwerk Berufung des Hl. Matthäus ebenso wie in dem erschütternden Gemälde Salome mit dem Kopf Johannes des Täufers. Es dauerte nicht lange, bis andere europäische Künstler begannen, ihn als direkten Einfluss auf ihre eigene Arbeit zu nennen.

 

Jahrhunderte später übt Caravaggio einen ebenso großen Einfluss auf Kameraleute, Fotografen, Regisseure und andere Kreative abseits der schönen Künste aus.

 

In einem Artikel in The Guardian beschreibt Martin Scorcese, wie die gesamten Bar-Szenen in Hexenkessel  von Caravaggios Einfluss durchtränkt sind. Das rote Neonlicht verleiht der Bar unmittelbar eine zwielichtige Atmosphäre, während die kontrastierende Dunkelheit den Zuschauer anregt, sich vorzustellen, was sich alles in den Schatten verbirgt. Dadurch entsteht eine geheimnisvolle und bedrohliche Atmosphäre, bevor überhaupt ein Wort fällt.

 

 

Wer Caravaggios Einfluss auf die Filmbranche anspricht, kommt nicht umhin, Francis Ford Coppolas „Der Pate“ zu erwähnen. In nahezu allen Szenen – besonders im Arbeitszimmer des Paten – lassen Atmosphäre, Licht und Farben den direkten Einfluss von Caravaggios Werk spüren. Egal, wo man den Film anhält: Das Standbild würde wahrscheinlich ein eigenes Gemälde hergeben.   

 

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Es gibt Tausende weitere Filme, in denen die Hell-Dunkel-Technik effektiv zum Einsatz kommt, vom Film noir-Stil in Sin City, den Nachtaufnahmen in Taxi Driver bis hin zur bösen Hexe des Westens in Der Zauberer von Oz. Der starke Kontrast zwischen Licht und Schatten beschwört augenblicklich eine geheimnisvolle Atmosphäre herauf und regt den Betrachter an, sich vorzustellen, was sich in den Schatten verbirgt – ideal für Krimis und Dramen.   

 

Im bereits erwähnten Artikel in „The Guardian“ beschreibt der Fotograf David LaChapelle, wie Caravaggio, einem Fotografen gleich, mit Licht spielt und seine Gemälde ähnliche Ausschnitte zeigen wie Fotos.

 

Dies ist kein Zufall. Es heißt, dass Caravaggio sein gesamtes Atelier in eine gigantische Camera obscura verwandelt und ein Loch in die Decke gebohrt habe, damit Licht hereinschiene und Bilder aus der Außenwelt auf die Wände des Ateliers projizierte. Neuen Untersuchungen zufolge soll er zudem Chemikalien verwendet haben, um Bilder auf Leinwand zu brennen. Somit hätte er experimentiert wie kein Künstler vor ihm.

 

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Techniken wie diese sind in der heutigen Fotografie recht üblich, doch Caravaggio war uns 500 Jahre voraus. Ihn als Pionier zu bezeichnen, wäre eine Untertreibung.

 

Selbst ein halbes Jahrtausend später fungiert Caravaggio immer noch als leuchtendes Vorbild (und das Wortspiel ist durchaus absichtlich gewählt). Es gibt eine lange Liste an Regisseuren, die sich bis heute von seinem Werk inspirieren lassen, allen voran Scorcese und Christopher Nolan. (Hier noch ein Beispiel aus Nolans Interstellar). Es lohnt sich durchaus, auf Chiaroscuro-Szenen zu achten, wenn ihr das nächste Mal einen Film anseht. Selbstverständlich könntet ihr den Effekt auch einmal selbst in euren Fotos und Videos ausprobieren!